RuK: “The day after” oder “der Rennbericht”
[2010/04/06 - mc]

Kategorien: Rennrad | Wettkampf  / Tags: | |

Endspurt über die SeverinsbrückeSoo, alle wieder nüchtern! 😉 Unterm Strich war die diesjährige (und erstmalige) Teilnahme an Rund um Köln ein voller Erfolg! Um es vorwegzunehmen: Ich finde mich auf der offiziellen Ergebnisliste mit einer Fahrzeit von 04:00:08 auf Platz 446 von 779 gewerteten „Männern“ wieder. Patrick, der sich gestern noch „aus dem Rennen genommen“ glaubte, taucht in der Ergebnisliste mit 04:34:02 auf Platz 725 auf. Aber schön der Reihe nach…

Viper, Rhein und SeverinsbrückeDer Renntag begann nach einer Nacht mit wenig Schlaf und viel „Hin-und-her-Gewälze“ um Punkt sechs Uhr. Als der Wecker klingelte war ich mental schon auf dem Weg nach Köln. Aber bis zur Bahn um 07:07 war noch über eine Stunde Zeit. Zeit, die ich gut nutzen konnte, um die Bekleidungswahl noch einmal zu überdenken. Während ich entgegen allen Empfehlungen meine morgentliche Tasse Kaffee zu mir nahm und dabei den Wetterbericht des DWD und des WDR studierte, kam ich langsam zu dem Entschluss, dass es die kurze Hose, ein Thermounterhemd, ein kurzes Trikot, der Windbraker und meine Rose-Thermo-Winterjacke werden würde. Und zwar in genau der Reihenfolge. Um 07:05 saß ich in der Bahn nach Köln und wunderte mich ernsthaft, dass ich der einzige mit einem Rennrad im Fahrradabteil war. War heute überhaupt Ostermontag? Bin ich zu spät? Fährt die Bahn nicht bis Köln? Eine flüchtige Überprüfung aller Fakten mit meinem Handy (Opera Mini) bestätigte aber, dass alles gut war. Vom Hauptbahnhof begab ich mich zum Rhein, wo ich mich in die aufgehende Sonne setzte und letzte MMS-/SMS-Korrespondenz erledigte.

PelotonNachdem Patrick eingetroffen war philosophierten wir noch eine Zeit lang über unsere Taktik (*lol*), wie wir uns wann und wo wiedertreffen und begaben uns dann hochmotiviert in unsere Startblocks. Ich weiß eigentlich nicht, warum ich in den vorderen – schnelleren – Startblock einsortiert wurde, nahm diese Bürde aber auf mich und stellte mich zurückhaltend hinten an. Clevererweise in die Sonne. Meine frierenden Kollegen rechts und links von mir beneideten mich zweifelsohne um meine Thermojacke. Der Start um 09:28 erfolgte nach dem bekannten Schema – 10, 9, 8 ,7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, peng! Und nix passiert. Es dauert halt immer so eine Zeit, bis sich 500 Fahrräder in Bewegung setzen. An dieser Stelle konnte man merken, dass Rennradfahrer nicht so lustige Gesellen wie Mountainbiker sind: Meine „Könnt Ihr da vorne mal losfahren! Das gerade war der Startschuss!“-Rufe wurden mit bösen Blicken bedacht. Da lachte keiner. MTBler sind da lustiger drauf. Und schmutziger im Gesicht! 😉 Aber irgendwann kam auch ich ans Pedalieren!

Die Wand von Sand - zweite RundeDas Rennradfahren im Peloton war für mich etwas ganz neues und ich habe mir im Vorfeld auch viele Gedanken darüber gemacht: wie funktioniert das? Was kann man falsch machen? Wie und wie schnell muss man fahren, wenn man vorne ist? Und so weiter. Erfreulicherweise ergibt sich das alles von selbst. Wenn man in einem Pulk von 50 Fahrern mit 45km/h durch Köln ballert, dann hilft Dir die schönste Theorie nix – das muss man erlebt haben. Die ersten 20km bis zum ersten Berg bei Odenthal waren wahrscheinlich die 20 schnellsten Kilometer meines bisherigen Radsportler-Lebens. Nach gefühlten drei Minuten waren wir schon da. In Wahrheit waren es 20 Kilometer mit einer 40er Schnitt, also 30 Minuten. Aber die gingen sowas von schnell rum! Der erste Berg des Tages führt von Odenthal rauf nach Bechen. Auf ~10km sind knappe 200hm zu bewältigen. Für Mountainbiker sind die Berge – oder besser das Verhältnis von Streckenkilometern zu Höhenmetern – pillepalle! Mit dem MTB hätte ich diesen „Berg“ wahrscheinlich gar nicht als Steigung wahrgenommen. Von Bechen geht’s dann erstmal wieder ein gutes Stück bergab bis zur „Wand von Sand“, kurz vor Bergisch Gladbach. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber das freudig gequälte Bild links müsste dort entstanden sein.

Kopfsteinpflaster am Bensberger Schloss - erste RundeDer „Wand von Sand“ folgt unmittelbar die Verpflegungsstelle auf dem Krüger Werksgelände, die ich aber aufgrund noch ausreichend vorhandener Wasser- und Bananenvorräte auslassen konnte. „Nur keine Zeit verlieren!“ – denn als nächstes stand die Kletterpartie zum Bensberger Schloss an. Kopfsteinpflaster ist ja für einen MTBler eigentlich kein Problem, aber als sich direkt vor mir einer völlig unvermittelt und ohne Vorwarnung auf das Ei legte, war ich gewarnt. Offensichtlich passen 700x23c Bereifung und Kopfsteinpflaster wirklich nicht zusammen. Aber mit ein wenig muskulärer Gewalt und Konzentration bestand ich auch diese Pürfung. Der Eventpoint „Bensberger Schloss“ war bei der ersten Durchfahrt noch relativ leer – man konnte aber sehen und ahnen was sich da anbahnte. Aber dazu beim zweiten Umlauf mehr…

Anfahrt zum HoffnungstalDie nun folgende lange Abfahrt nach Kleineichen nutzte man allgemein, um sich mit einer Hand am Lenker und einer Banane in der anderen Hand kurz zu erholen. Sqeezy wurde reingedrückt und Wasser getrunken. Wohlgemerkt bei 60km/h! Auf einmal hörte ich links schräg hinter mir das typische „Sirren“, welches entsteht, wenn zwei gegenläufig rotierende, leicht profilierte Reifen aneinander geraten. Sekundenbruchteile später folgte ein höllischer Lärm, Geschrei und Gefluche und ein Blick nach hinten offenbarte die Katastrophe: mitten in dieser schnellen Abfahrt ist eine Gruppe von fünf, sechs Fahren gestürzt! Auf diesem Wege mal „Alles Gute!“ an die Verunfallten! Leider gibt es auch bei Rund um Köln keinerlei offizielle Aussage zu dem Unfall. Das ist meist bei den MTB Veranstaltungen auch so. Meine Nachfrage im Challenge-Forum blieb bisher von offizieller Seite unbeantwortet.

Die Wand von Sand - zweite RundeNatürlich ging das Rennen weiter. Über Rösrath zum Hoffnungstal – dem wahrscheinlich steilsten Streckenabschnitt und weiter nach Overath, wo mit dem Ferrenberg ein weiterer knackiger Anstieg bewältigt werden wollte. Über Hohkeppel ging’s nach Immekeppel wonach der letzte „richtige“ Berg des Tages folgte. Der Anstieg nach Bärbroich und Herkenrath macht mit seinen ~200hm zwar niemandem so richtig Angst, aber mit rund 80km in den Beinen ist er auch nicht ohne. Von Herkrath geht es dann vornehmlich bergab und über Spitze zurück zur „Wand von Sand“. Die ist zwar beim zweiten Mal auch nicht flacher als beim ersten Umlauf, aber jetzt hat man die ganzen 67er um sich herum, denen man mal zeigen kann, wie fit man ist! Außerdem ist inzwischen ganz Bergisch Gladbach auf den Beinen, säumt die Straßen und feuert einen an! Rufe wie „Das ist der letzte Berg! Vor dem Nächsten!“ lassen dich über dich hinauswachsen!

Kopfsteinpflaster am Bensberger Schloss - zweite RundeWeit kann es nicht mehr sein. Noch einmal bei Krüger eine neue Flasche fassen (Überraschung! Eistee!) und dann geht es rappzapp zum zweiten Ansturm auf das Bensberger Schloss. Und was da passiert ist mit dem ersten Mal nicht zu vergleichen! Menschenmassen! Musik! Party! Rasseln, Trillerpfeifen und diese Dreh-Knatterdinger. Zu Tausenden!!! Man fühlt sich wirklich wie ein Radrennfahrer. Und, wenn man mal ehrlich ist, ist man das ja auch! Endspurt über die Severinsbrücke - geschafft!Irgendwer hat mal irgendwo gesagt oder geschrieben, dass es nach dem Bensberger Schloss nur noch bergab geht und man „fast da“ ist. So weit weg von der Wahrheit war dieser jemand nicht. Relativ schnell bildete sich eine 5er-Gruppe heraus, die gleich schnell und gleich stark war, um die letzten ~20km ins Ziel zu fahren. Der Führungswechsel funktionierte gut und nach 15km waren immer noch vier Mann zusammen. Ich hatte die Ehre (oder die Last) diese Gruppe über die Severinsbrücke und später ins Ziel zu führen. Es war wirklich nicht mehr weit und die Beine machten die letzten Kilometer fast von alleine. Das Gefühl beim Überqueren der Severinsbrücke war fast noch besser als das Erreichen des Ziels. Es war einfach „Hammer“! Nach vier Stunden und acht Sekunden überquerte ich die Ziellinie und hatte es geschafft! Wahnsinn – das muss man selber erlebt haben!

Hier geht’s zur Anmeldung zu Rund um Köln für nächste Jahr: www.rundumköln.de. Ein paar Fotos von „Noppenreifen“ gibt’s hier. Der Sportograf war aktiv und hat hier seine Best of Gallery und hier Fotos von mir online gestellt. Patrick hat’s auch ein Paar mal gut getroffen.

Die Rechte an den Fotos liegen, glaub ich, obwohl ich die Foto-Flat gekauft habe, bei www.sportograf.de

Update! Hier gibt es den GPS-Track als GPX oder KMZ (für Google Earth) zum Download. Und einen Blick auf meine Biodaten und das Streckenprofil gibt’s natürlich auch…





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